Somatic Experiencing (SE) mit Kindern

Hin zur Selbstermächtigung: Ich kann!

Kinder haben eine angeborene Widerstandskraft und sind in der Lage, nach einer „Überwältigung“ und Verletzung wieder gesund zu werden. Manchmal benötigen sie jedoch die Unterstützung von Erwachsenen (Eltern, Therapeuten) welche ihnen Wege aufzeigen, das Nervensystem zu regulieren.

Eine Traumatisierung wird nicht nur durch offensichtlich katastrophale Ereignisse wie Kindesmissbrauch und Gewalt verursacht. Da es bei einer Traumatisierung nicht hauptsächlich um das Ereignis an sich geht, sondern um die Unmöglichkeit, angesichts einer belastenden Situation wirksam darauf zu reagieren, können auch sogenannt alltägliche Situationen Auslöser für eine Traumatisierung sein, zum Beispiel:

  • Stürze

  • Autounfälle (auch bei niedrigem Tempo)

  • medizinische und operative Routineeingriffe beim Arzt

  • Verlorengehen in einer Menschenmenge

  • familiäre Veränderungen und Verluste wie Wohnortwechsel, Trennungen, Scheidungen

  • länger anhaltende belastende Situationen, zum Beispiel Mobbing

Je jünger ein Kind ist, desto eingeschränkter sind seine motorischen und verbalen Möglichkeiten, auf ein solches Ereignis zu reagieren oder darüber zu sprechen. Gelingt es einem Kind nicht, das Ereignis zu verarbeiten und wieder in einen Zustand der Regulation zu kommen, kann es sein, dass es – oft auch erst mehrere Monate nach dem Ereignis – Symptome entwickelt und durch veränderte Verhaltensweisen auffällt.

Mögliche Anzeichen für eine Traumatisierung

  • Ängstlichkeit

  • Panikzustände

  • Verschlossenheit

  • Apathie

  • Blockaden

  • aggressives Verhalten

  • Wutausbrüche

  • Hyperaktivität

  • Konzentrationsschwierigkeiten

  • Schlafstörungen

  • Albträume

  • somatische Beschwerden wie Bauch- und Kopfschmerzen

Traumabewältigung bei Kindern

In der Bewegung und im Spiel haben die Kinder einen natürlichen Zugang und die Möglichkeit, überwältigende Ereignisse zu verarbeiten. Dabei können wichtige Heilungsprozesse stattfinden. Die Bewegung hilft, aus einem Erstarrungszustand heraus wieder in einen Zustand der Kraft und Selbstwirksamkeit zu gelangen. Im Spiel hat das Kind die Möglichkeit, belastende Situationen nochmals durchzuspielen, zu verarbeiten und – auch wenn es in der Realität nicht möglich war – zu einem Lösungsansatz und zu einer Neuverhandlung des Geschehenen zu kommen.

Wagt es ein Kind jedoch nicht mehr, sich auf ein Spiel mit seinen Kamerad*innen einzulassen oder wiederholt sich das Spiel in immer gleichen Sequenzen (Wiederholungszwang ohne befreienden Ausgang), kann es angezeigt sein, dem Kind im geschützten Rahmen einer Traumatherapie bei der Selbstregulation behilflich zu sein und es behutsam dabei zu unterstützen, einen neuen Umgang mit der belastenden Erfahrung zu finden.

Meine Aufgabe als Therapeutin

Als Therapeutin ist es meine Aufgabe, einen geschützten Raum zu kreieren, in dem das Kind sich neu erfahren kann. Ich „lese und übersetze“ die nonverbale (somatische) Sprache und berate auf Wunsch auch die Eltern, wie sie das Kind beim Verarbeiten des Traumas besser unterstützen können.

In meiner Praxis steht eine breite Palette an Spielmaterialien und Musikinstrumenten zur Verfügung, welche zum sinnlichen und spielerischen Tun, Entdecken und Explorieren einladen. Ich ermuntere das Kind, sich von seinen Impulsen leiten zu lassen, nehme den Faden auf und begleite. Dabei wird es möglich:

  • neue Verhaltensweisen auszuprobieren,

  • mit unterstützender Begleitung Gefühle wie Angst und Ohnmacht wahrzunehmen und zu verwandeln,

  • Grenzen auszuloten, mutig auszudehnen und zu überschreiten,

  • Selbstvertrauen zu gewinnen,

  • mit sich selbst und dem Gegenüber in Kontakt zu kommen,

  • Erfahrungen setzen zu lassen,

  • dem Nervensystem zur Regulation zu verhelfen.

Gleichzeitig üben wir, die Wahrnehmungsfähigkeiten zu verfeinern sowie eine Sprache zu finden für Körperempfindungen und Gefühle – sei dies verbal oder nonverbal (Bewegung, Mimik, Gestaltung, Musik).

In der SE-Therapie finden die Kinder eine Möglichkeit, einschneidende und überwältigende Erlebnisse aus der Vergangenheit oder belastende Situationen der Gegenwart achtsam und unterstützt neu zu verhandeln und einen anderen, gestärkten Umgang damit zu finden, hin zur Selbstermächtigung („Ich kann!”).

Form der SE-Sitzungen mit Kindern und Jugendlichen

Je nach Situation und Thematik sind die Eltern während der Sitzung beobachtend oder aktiv mit dabei. Bei genügend aufgebautem Vertrauen kann es auch sinnvoll sein, mit dem Kind alleine zu arbeiten.

Falls ich mit dem Kind alleine arbeite, finden auf Wunsch der Eltern in regelmässigen Abständen Beratungsgespräche statt, in welchen wir die Entwicklung des Kindes besprechen. Diese Gespräche sollen die Eltern darin unterstützen, die sich in der Therapie neu entwickelnden Verhaltensweisen im Alltag achtsam aufzugreifen und zu unterstützen.

Die Elterngespräche finden entweder im Anschluss an die Sitzung mit dem Kind statt oder an einem separaten Termin (in der Praxis oder telefonisch). Sie werden zusätzlich in Rechnung gestellt.